GedichteLiteratur

Krampusse – Die Wilden vom Mölltal (Gedicht)

Wir sind Kreaturen der Unterwelt und verlassen jedes Jahr im Dezember den Vorhof der Hölle. Wir sind Boten des Teufels. Heraufbeschworen haben uns eure dunklen Gedanken und Werke. So kommen wir jedes Jahr zu den Raunächten und holen die Sündigen und Verdorbenen unter euch.

Lasst unsere Feuer aufleuchten, brennen sollen die Wege, die wir beschreiten. Wir ziehen durch die Straßen der Dörfer im Mölltal, keiner kann sich vor uns verstecken. Niemand leistet Widerstand, denn ihr fürchtet uns zu sehr, selbst die größten Schurken und Dämonen unter euch. Wir werden uns ankündigen, mit lautem Geschrei, unseren Glocken und Ketten.

Wir richten im Mölltal unser Lager zurecht und die Kerker können gefüllt werden mit den Seelen der Verdammten und Unglücklichen. Wir werden uns ausbreiten wie eine Seuche in eurer Welt. Keiner der Schuldigen wird uns entkommen. Uns dürstet es nach euren Lügen, Betrügereien – all euren großen und kleinen Sünden. Wir zeigen euch eure finsteren Gedanken in einem Spiegel.

Unter den Trümmern eurer abgrundtiefen Gedanken sind noch immer die ewigen Vergessenen begraben. Sie werden wir einsammeln und dann sollen sie vor unserem Herrn der Unterwelt treten und er wird sie richten und bestrafen.

Und genau am letzten Tag der Raunächte, vom 5. Auf den 6. Jänner, wenn es wieder Zeit ist Abschied zu nehmen, werden wir gemeinsam mit euren Verfehlungen zurück in das Schattenreich kehren.

Bis nächstes Jahr, wenn wieder das Dunkel in die Menschen kommt.

Mors finem, vitae principium. (Der Tod ist das Ende und der Anfang des Lebens.)

© 2024 Helmut Michael Kemmer

Hi, I’m Kemmer